Notwendigkeit einer integrierten Planung von Logistikimmobilien

Logistikimmobilien übernehmen in Wertschöpfungsnetzen die Funktion von Puffer-, Bündelungs- und Umschlageinrichtungen für Vor-, Zwischen- und Endprodukte. Weit verbreitet ist die Einteilung in Lager-, Distributions-, Umschlag- und Spezial-Immobilien. Veränderte Rahmenbedingungen, getrieben durch anhaltende Globalisierung, zunehmende Urbanisierung so wie die Entwicklung von Internethandel und Digitalisierung, führen zu immer neuen Formen von Logistikimmobilien. So entstehen bspw. E-Fulfillment-Center innerhalb der Städte als Letzte Meile-Immobilien, in denen Kunden Services zur elektronischen und physischen Logistik wie auch Finanzprozesse angeboten werden. Auch verschmelzen Einzelhandels- und Logistikflächen zunehmend miteinander und die Warenzustellung erfolgt aus den Filialstandorten. Gerade die Substitution von Verkaufsflächen in (Auftrags-) Abwicklungsflächen sind in den Kapazitätsplanungen von Supply Chains zu berücksichtigen, um falsch disponierte Flächen und Leerstände zu vermeiden. Hierfür muss der Ansatz des Supply Chain Managements (SCM) zu einem Supply Chain Real Estate Management (SCREM) (weiter) entwickelt werden, in dem die Kapazitäts- und Flächenbedarfe sowie die Bereitstellungs- und Betriebskonzepte von Unternehmensimmobilien abgebildet und ganzheitlich zu planen sind. In branchenbezogenen Supply Chains können dann Ausgestaltung (Layout, Geschossanzahl), Kapazitäten (Wareneingang-/-ausgang, Lagerzonen), standort- und gebäudespezifische Schnittstellen (Übergabepunkte, Rampen, Behälter-, Warenflusssysteme) so aufeinander abgestimmt werden, um die Effizienz der Supply Chain nachhaltig zu erhöhen.

(Weiter-) Entwicklung immobilienwirtschaftlicher Dienstleistungsangebote

Neben Gestaltung und Dimensionierung in der Supply Chain, ist die Entscheidung der Bereitstellung von Logistikimmobilien in Form von Eigentum oder Mietobjekt von erheblicher Bedeutung. Aus strategischen wie finanztechnischen Gründen (Konzentration auf das Kerngeschäft, Bilanzverkürzung) kann seit Längerem ein Rückgang der Eigentumsquoten festgestellt werden. Nicht zuletzt verstärkt das Outsourcing von logistischen Funktionen diese Entwicklung, bei dem die im Eigentum des Auftraggebers befindlichen Immobilien oftmals an den Logistik-Dienstleister oder Investoren im Rahmen des Outsourcings veräußert werden. Der Logistik-Dienstleister trägt dann das Auslastungsrisiko und muss versuchen seine Flächenbedarfe, und vor allem die Bedarfsspitzen an Flächen, flexibel, d. h. durch kurzfristiges An- oder Abmieten, zu gestalten. Darauf ausgerichtete Bereitstellungsformen sind auf den Logistikimmobilien-Märkten bislang kaum vorhanden, obwohl von vielen Mietern höhere Kosten akzeptiert würden, wie jüngste Studien belegen. Zunehmend gefordert sind daher Angebote kleinteiliger Flächen, wie sie bereits in Form des Selfstorage seit einigen Jahren vor allem von privaten Haushalten als temporäre Unterstellflächen genutzt werden. Dabei handelt es sich um Lagergebäude mit langen Öffnungs- und damit Zutrittszeiten, die entweder in zentraler Stadtlage liegen oder infrastrukturell gut angebunden sind. Die Räume können monatlich an- und abgemietet werden. Die nachweislich hohen Mieten in diesem Segment verdeutlichen die Zahlungsbereitschaft für solche Serviceangebote. Ein Belegungsmix, bestehend aus privaten und gewerblichen Mietern mit größeren Flächenbedarfen, könnte unter Umständen attraktive (Misch)Kalkulationen ermöglichen. Solche Überlegungen sind auch bei der aktuellen Diskussion über mehrgeschossige Logistikimmobilien anzustellen. Einerseits zwingen die Verknappung an Grundstücken sowie gesetzliche Auflagen (Bodenversiegelung), vor allem in stadtnahen Lagen, über solche Gebäudetypen nachzudenken. Andererseits sind die Baukosten für solche Immobilien um ein Vielfaches höher, wenn die oberen Stockwerke entsprechende Zugänge und Andienungsmöglichkeiten haben sollen (Rampen, Zufahrten, Schwerlastaufzüge). Die Entwicklung geschossspezifischer Nutzungskonzepte (z. B. für Internethandel, Frische-Logistik, KEP-Dienste, Montagetätigkeiten) führen idealerweise zu entsprechenden Mieterstrukturen mit differenzierbaren Zahlungsbereitschaften.

Etablierung von Logistikimmobilien-Betreibergesellschaften

Weitergehende Ansätze bieten auch Bereitstellungskonzepte wie das Co-working, bekannt aus den Büroimmobilienmärkten, wo mehrere bis viele Nutzer auftreten und ausgestattete Arbeitsplätze anmieten sowie Besprechungs-, Aufenthalts- oder Versorgungsräume gemeinschaftlich in Anspruch nehmen. Co-Working basiert auf den aus der IT bekannten as a service-Konzepten (Software as a service, Platform as a service), wo Ressourcen, Dienste oder Software nicht mehr physisch erworben, sondern über das Internet bezogen werden können. Die Nutzung als Real estate as a service ermöglicht eine hohe Skalierbarkeit bei verursachungsorientierten, variablen Kostenstrukturen. Möglich wird dies dadurch, dass sich die Anbieter dieser Services zwischen Immobilieneigentümer und Büroflächensuchende positionieren, als Langzeitmieter auftreten und den nachfragenden Büromietern die angemieteten Flächen kleinteilig und mit kurzer Laufzeit zur Verfügung stellen. Übertragen auf die Bedarfe nach Logistikflächen müssen an die Stelle von Co-working Anbietern Logistikimmobilien-Betreibergesellschaften treten, die Gebäude mit standardisierten Lager- und Technikeinrichtungen zur Verfügung stellen. Neben dem Bedarf im Handel (Produkteinführungen, Kampagnen) gibt es auch bei produzierenden Unternehmen immer häufiger, neben Logistikflächen, eine Nachfrage nach solchen Flächen, so z. B. in Form von produktionsnahen Immobilien (light-industrial). Sie können im Vergleich zu Produktionsflächen (heavy-industrial) einheitlich(er) gestaltet werden (Andienungs- und Bereitstellungsflächen, Arbeits- und Montageumgebungen), weisen damit eine geringere Spezifität auf und könnten daher auch als Mietobjekte angeboten werden. Prädestinierte Initiatoren solcher Konzepte wären Immobilien-Projektentwickler, die sich als Lösungsanbieter positionieren könnten, besitzen sie doch das umfassendste Immobilien -Know-how und kennen vor allem auch die spezifischen Nutzenanforderungen am besten. Aus dieser Sicht können Betreiberimmobilien als eigenständige Geschäftsmodelle oder in Kooperation mit markterfahrenen Betreibern entwickelt werden. Als weitere Partner kämen, neben Logistik-Dienstleistungs-Unternehmen, u. U. Anbieter von Lager- und Materialflusstechnik oder auch Facility Management-Dienstleister in Frage.  Falls es sich bei den Immobilien um solche mit hoher Gebäudeautomation und dabei verstärkt digitalen Anwendungen handelt, sind geeignete Anbieter auch aus diesen Bereichen bis hin zu IT-Unternehmen vorstellbar, die neben elektronischer Infrastruktur die korrespondierende physische Infrastruktur als Geschäftsmodelle zur Verfügung stellen.

Geschäftsführer bei Investa Real Estate

Dr. J. Christian Femerling hat Betriebswirtschaftslehre und Technische Informatik studiert und am Institut für Logistik der Universität Mannheim promoviert. Nach Stationen in der Logistik in Handels- und Industrieunternehmen, war Femerling Vorstand bei einem Logistik-Dienstleister. Seit 2007 ist er Mitglied der Geschäftsführung der Investa Real Estate, wo er neben den Funktionsbereichen Personal, Organisation und IT den Geschäftsbereich Logistikimmobilien verantwortet. Femerling ist Mitglied der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL), Bremen und Mitglied der Plattform Logistikimmobilien, Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA), Berlin.