
Der Waymo Truck. Bildquelle: waymo.com
Jahrzehntelang gehörte die „letzte Meile“ Unternehmen wie DHL, UPS oder Hermes. Es war selbstverständlich, dass die KEP-Dienstleister diesen Teil der Lieferkette unter sich aufteilten. Nun drängen auch Online-Riesen wie Amazon oder Google auf den Markt. Sie arbeiten daran, Bestellungen kostengünstiger auszuliefern, um sich unabhängiger von den großen Paketzustellern zu machen. Sollte es den Tech-Unternehmen gelingen, die „letzte Meile“ zu automatisieren, gehen Branchenexperten von einer Kostenersparnis von bis zu 40 Prozent aus. Damit könnten die Internetriesen zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten für die etablierten Autohersteller wie auch für die Logistikdienstleister bei der Entwicklung von elektrischen Lieferwagen und des autonomen Fahrens werden.
Online-Riese investiert in Start-up für E-Transporter
Und die Tech-Unternehmen lassen auch in der Coronakrise nichts unversucht, die „letzte Meile“ zu erobern. Angetreten vor 25 Jahren als Online-Buchhändler, ist es Amazon in den vergangenen Jahren gelungen, das größte Internetkaufhaus zu werden und nebenbei auch noch den Versand seiner eigenen Ware zu organisieren. Kürzlich gab der Onlinehändler nun ein Investment in Höhe von 700 Millionen Dollar in das US-Startup Rivian bekannt. Gemeinsam mit anderen Investoren beläuft sich die Summe auf 2,1 Milliarden Dollar. Die Firma hat für den Versandriesen einen E-Transporter entwickelt, der in einer neuen Fabrik hergestellt werden soll. Schon im kommenden Jahr will Rivian die ersten Fahrzeuge ausliefern – trotz Corona. Das Gesamtvolumen des Auftrags beläuft sich auf 100.000 E-Lieferwagen bis 2030. Die Bestellung ist Teil der Amazon-Strategie, bis 2040 CO2-neutral zu agieren. Entsprechend soll auch die neue E-Transporter-Flotte hauptsächlich mit Strom aus erneuerbarer Energie angetrieben werden.
Zoox entwickelt autonom fahrende Fahrzeuge
In die gleiche Richtung geht die Investition in das Start-up Zoox. Das Unternehmen hat sich auf autonomes Fahren spezialisiert und entwickelt neben der Technik auch die dazu gehörenden Autos. Was zunächst als Robotaxi für den Personenverkehr gedacht war, sich dann jedoch als noch nicht alltagstauglich erwies, könnte für den Warentransport von Amazon ausreichen.

Auf der „letzten Meile“ übernimmt Amazon bereits die Zustellung mit eigenen Transportern. Bildquelle: Amazon.com
Waymo entwickelt autonome Lastwagen und Zustellfahrzeuge
Die Unterstützung von Amazon könnte Zoox weit nach vorn bringen. Vielleicht ist es sogar der entscheidende Vorteil vor Google oder Uber. Bei der Google-Schwesterfirma Waymo stand beispielsweise auch lange Zeit das autonom fahrende Taxi im Fokus. Mittlerweile entwickelt die Alphabet-Tochter allerdings autonome Lastwagen sowie Zustellfahrzeuge und hat mit dem Logistikkonzern UPS sowie dem Einzelhandelsriesen Walmart Verträge über automatisierte Zustelldienste abgeschlossen.
Im Silicon Valley ist mehr Risikokapital vorhanden
Überhaupt scheinen die Tech-Unternehmen im Kampf um die „letzte Meile“ den etablierten Automobilkonzernen voraus zu sein. Die Coronakrise hat den Druck auf die Autobauer erhöht und ist nun größer denn je, dass sich die Investitionen schnell rechnen. Davon hängt ab, ob der Konzern gesund durch die Krise kommt und den Abbau von Arbeitsplätzen verhindern kann. Die Internetkonzerne scheinen die hohen Investitionssummen und der zunächst niedrige Ertrag erstmal nicht abzuschrecken. Der entscheidende Unterschied ist wohl, dass im Silicon Valley deutlich mehr Risikokapital vorhanden ist.
Auch deutsche Autobauer machen Fortschritte
Dennoch gibt es auch hierzulande Anbieter, die zumindest vor der Pandemie Fortschritte erzielt haben. Bereits im vergangenen Jahr haben sich Volkswagen und Ford auf eine Kooperation verständigt. Diese beinhaltet auch den Ausbau der E-Mobilitätsstrategie beider Unternehmen: So bietet Ford ab 2023 ein eigenes Elektrofahrzeug für den europäischen Markt auf Basis des Modularen E-Antriebskasten (MEB) von Volkswagen an. Das dürfte vom Format am ID.Buzz angelehnt sein, sprich zwischen City-Van und Transporter rangieren. Zudem investiert Volkswagen in das Selbstfahr-Startup Argo AI, an dem Ford die Mehrheit hält. Mit der Kooperation wollen Volkswagen und Ford vor allem Geld bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge sparen, indem sie die Kosten senken. Eine erste Pilotflotte soll ab 2022 unter Realbedingungen an den Start gehen, zugleich der erste Level-4-Einsatz für den vollelektrischen ID.Buzz.

Der „T-Pod“von DB Schenker fährt vollelektrisch und autonom. Bildquelle: Schenker Deutschland AG
Tüv Süd genehmigt autonome Testfahrten im Großraum München
Erst am Donnerstag vergangene Woche erteilte der Tüv Süd BMW die Genehmigung für autonome Testfahrten auf öffentlichen Straßen im Großraum München und auf Autobahnen mit einer Maximalgeschwindigkeit von 130 km/h. Ein Sicherheits-Operator ist mit an Bord und kann jederzeit eingreifen. Der bayerische Autobauer hat mit dem US-Chiphersteller Intel und dessen Tochterunternehmen Mobileye starke Partner, um die Technologie weiter voran zu bringen.
DB Schenker testet in Schweden
Und auch die großen deutschen Logistikunternehmen sind nicht untätig. So starteten DB und das Startup Einride Ende 2018 im schwedischen Jönköping den ersten kommerziellen Einsatz eines Einride Pods – eines voll elektrischen, autonomen LKW. Dieses Fahrzeug befährt die Strecke zwischen zwei DB Schenker-Standorten in Jönköping, teilweise auch auf einer öffentlichen Straße. Der Einride Pod ist ein selbstfahrendes Elektrofahrzeug ohne Fahrerstand, das bei Bedarf auch ferngesteuert werden kann.
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