Mutig sein, sich etwas trauen oder etwas wagen, ist oft auch damit verbunden, sich in eine unsichere Situation zu begeben. Politisch-gesellschaftliche Veränderungen sowie technische Dynamiken erfordern jedoch beherztes Anpacken, Courage und gegenseitige Ermutigung. Dies alles steckte in dem Leitgedanken „Mutig machen“ des diesjährigen Deutschen Logistik-Kongresses der Bundesvereinigung Logistik (BVL). Er fordert, sich den neuen Herausforderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unvoreingenommen zu stellen und in den Bereichen wie Digitalisierung, neue Technologien oder alternative Arbeitszeitmodelle neue Weg zu bestreiten.
Drei Vorstandvorsitzende sprechen über die Herausforderungen für das Supply Chain Management
Sich erst kürzlich einer neuen Herausforderung gestellt, haben sich die drei Vorstandsvorsitzenden der diesjährigen Podiumsdiskussion unter dem Motto “Mutig machen“. Dr. Lars Brzoska, Jungheinrich AG, Reiner Heiken, Hellmann Worldwide Logistics SE & Co., und Professor Jana Koehler, Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), bekleiden ihre aktuelle Position alle noch keine zwölf Monate und berichteten aus ihrem beruflichen Alltag von Entscheidungen, bei denen von Chefs Mut gefordert ist. Zudem sprachen sie über die Herausforderungen für das Supply Chain Management und die Logistik im neuen Jahrzehnt und wie sie diesen begegnen wollen.

Prof. Jana Koehler
Jungheinrich AG investiert nicht mehr in Verbrennungstechnik
Lars Brzoska ist erst seit September Vorstandsvorsitzender der Jungheinrich AG. Er setzt auf Technologien wie etwa Lithium-Ionen-Batterien und digitale Lösungen. „Wir investieren nicht mehr in die Verbrennungstechnik“, sagte der Betriebswirt. Brzoska will stattdessen das Know-how in Zukunftstechnologien aufbauen und weiterentwickeln. Von einer Ladestation bis zum Energiespeicher soll eine Infrastruktur aufgebaut werden, die auch die Wiederverwertung beinhaltet. Brzoskas Vision sind automatische Hochregallager und andere intelligente Logistiksysteme. Das Problem: Den Unternehmen fehlen dabei nicht nur hochqualifizierte Arbeitskräfte, sondern auch die einfachen Fachkräfte. „Wir müssen zukünftig sicherstellen, dass die Mitarbeiter in den Logistikzentren die Geräte auch ohne Deutsch- oder Englischkenntnisse bedienen können“, sagte Brzoska. Zudem müssten Unternehmen offen und partnerschaftlich kooperieren. Das sei eine wesentliche Voraussetzung, um Prozesse effizienter zu gestalten.
Neue technische Entwicklung ist eine große Chance für Unternehmen
Für Reiner Heiken sind die neuen technischen Entwicklungen eine große Chance für Unternehmen, wenn sich diese auf sie einließen und gewinnbringend nutzen. In den kommenden Jahren will der Hellmann-Vorstandsvorsitzende ein neues Transportmanagementsystem in seinem Unternehmen einführen. Er zeigte sich offen für Partnerschaften mit Start-ups. „Wir wollen einen Raum schaffen, um neue Optionen zu ermöglichen“, sagte Heiken. So könnten neue Mitarbeiter dem Unternehmen dabei helfen, einen neuen Blick auf das Geschäft zu haben. „Hinter dem Umbau steht die Frage, wie die internationale Spedition zukünftig betrieben werde, ohne sie kaputt zu machen“, sagte der Diplom-Nautiker.
Die Bedeutung der Lohnkosten wird abnehmen, das Know-how der Mitarbeiter hingegen zu
Jana Koehler ermutigte die Unternehmen zu mehr Engagement, Mut und Ausdauer. Die Digitalisierung in der Industrie habe direkte Folgen für die Logistik. Deshalb sollten sich Unternehmen schon heute Gedanken machen, was die weiteren Effekte von KI – und der Digitalisierung – sein werden. So lohne es sich schon heute, sich Partner für Projekte zu suchen, die digitale Innovationen vorausdenken und austesten. Unternehmen sollten die Mitarbeiter und Teams unterstützen, die etwas anders machen wollen und die auch mal querdenken. Die DFKI-Leiterin plädierte für die duale Berufsausbildung. „Zukünftig wird es in der Branche neue Berufe geben, für die dringend Fachkräfte ausgebildet werden müssen“, sagte Koehler. Die kundenindividuelle und dynamische Produktion wird der Wissenschaftlerin zufolge zunehmen. Wenn die Fertigung an unterschiedlichen und wechselnden Orten stattfindet, müssen Logistiker flexibel sein. „Aufgrund der Automatisierung sind die Lohnkosten künftig als Standortfaktor nicht mehr ausschlaggebend. Das Know-how zu beherrschen, ist wesentlich wichtiger“, sagte Koehler. Daher müssten auch ältere Menschen über 50 weiterqualifiziert werden. „KI-Lösungen zu erwerben, ist nicht schwer. Fachkräfte zu gewinnen, jedoch schon.“
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