Fahrer Mincan Florin beim Tanken; Quelle: Roll-Safe GmbH

Logistikdienstleister müssen täglich die Herausforderung meistern, wirtschaftlich und gleichzeitig ressourcenschonend zu arbeiten. Die einzige verfügbare alternative Antriebsart zum Diesel für Lkw auf langer Strecke ist derzeit Liquefied Natural Gas, kurz LNG. Die Zahlen sprechen für sich: Laut der Zukunft Gas GmbH erzeugt LNG einen 15 Prozent geringeren CO2-Ausstoß, 80 bis 90 Prozent weniger Stickoxid-Emissionen und zu fast 100 Prozent weniger Feinstaub und Schwefeldioxid. Zudem wird der Lärm um die Hälfte reduziert. Der Reichweite tut dies jedoch keinen Abbruch. Mehr als 1000 Kilometer sind möglich.

LNG ist als Alternative zu herkömmlichem Kraftstoff durchaus attraktiv. Doch wie steht es um die Lkw-Technik, was kostet diese und wie wird sie gefördert? Wo können die Fahrer solcher Lkw tanken? Und welche Aussichten gibt es? Der folgende Text beantwortet diese Fragen.

Wie aus Erdgas Flüssigerdgas wird

LNG ist flüssiges Erdgas. Über Rohrleitungen gelangt das aufbereitete Erdgas aus unterirdischen Lagerstätten oder Sandsteinschichten in Gasverflüssigungsanlagen. Diese kühlen das Erdgas auf minus 162 Grad Celsius herunter. Das Gas ist anschließend flüssig. Das Volumen reduziert sich dabei um den Faktor 600. So entsteht eine höhere Energiedichte. Gleichzeitig werden mithilfe der Verflüssigung unerwünschte Bestandteile des Gases entfernt. Der Methangehalt von Flüssigerdgas liegt bei 98 Prozent, womit es besonders rein ist. Im Anschluss kommt das LNG bis zum Weitertransport in Terminals zur Zwischenlagerung. Kleinere Tanker übernehmen die Verteilung. Für Länder wie Japan, Taiwan und Südkorea ist diese Art des Transports von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung. Offshore-Pipelines wären aufgrund zu großer Distanzen zu teuer.

LNG kann auch Bio

LNG kann zusätzlich aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Durch Vergärung von Abfällen entsteht Biogas. Dieses wird ebenfalls auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt und so verflüssigt. Das erzeugte Bio-LNG besteht zu fast 100 Prozent aus Methan. In der Anwendung unterscheidet es sich nicht vom herkömmlichen LNG. In puncto Klimafreundlichkeit, legt die Bio-Variante die Messlatte jedoch noch einmal höher. Auch die Kreislaufwirtschaft profitiert von der Gewinnung des Biogases aus Abfällen.

Der Transportsektor profitiert von LNG

Während sich LNG für den Antrieb von Pkw nicht eignet, ist es für Schiffe und Lkw eine ernstzunehmende Alternative. Iveco, Scania und Volvo bieten diese Antriebsart für Lkw ab Werk an. Im Vergleich zu anderen alternativen Antriebsarten profitieren Lkw bei LNG vor allem von der großen Reichweite. So zum Beispiel der von Scania produzierte Truck der Marke G 410 LNG. Dieser schafft zwischen zwei Tankstopps rund 1600 Kilometer.

Im Vergleich zu Diesel-Fahrzeugen müssen Transportunternehmen jedoch mit rund 35 Prozent Mehrkosten rechnen. Allerdings amortisieren sich diese Kosten aufgrund der vollständigen Mautbefreiung bis 2023. Auf einer Strecke von 300.000 Kilometer sparen Speditionen bei einem Mautpreis von 0,18 Euro pro Kilometer demnach 54.000 Euro.

Tankkosten von LNG und Diesel im Vergleich

Wie bei jedem Energieträger kann auch der LNG-Preis schwanken. Momentan liegt der Erdgaspreis auf einem Rekordhoch von durchschnittlich 1,91 Euro pro Kilogramm. Ende Oktober 2020 bezahlten Unternehmen etwa die Hälfte – 0,83 Euro pro Kilogramm.

In der BayWa-Tankstelle in Neufahrn haben Speditionen die Möglichkeit, ihre Lkw mit LNG zu tanken. Quelle: Roll Safe GmbH

Die Erfahrung zeigt, dass LNG-Lkw pro 100 Kilometer im Schnitt zehn bis 15 Prozent weniger verbrauchen als Diesel-Lkw. Doch die Kraftstoffpriese sind höher. Für einen Tankkostenvergleich nehmen wir den Scania G 410. Den Truck gibt es sowohl als Diesel-, als auch als LNG-Variante. Erstere verbraucht auf 100 Kilometer durchschnittlich 30 Liter. Bei einem Dieselpreis von momentan etwa 1,54 Euro belaufen sich die Kosten pro 100 Kilometer auf 46,20 Euro. Die LNG-Variante verbraucht auf gleicher Strecke rund 21,4 Kilogramm. Ein Kilogramm kostet, wie bereits erwähnt, momentan etwa 1,91 Euro. Bei der derzeitigen Marktlage sind die Kosten bei der Flüssigerdgas-Variante mit 40,87 Euro pro 100 Kilometer demnach etwas geringer.

Das Tankstellennetz hat noch Löcher

Bislang ist das Tankstellennetz in Deutschland noch ausbaubedürftig. Mitte des Jahres wurde die erst 50. LNG-Tankstelle in Deutschland in Betrieb genommen. Im September dieses Jahres waren es sogar schon 89. Die mit Abstand meisten Tankstellen stehen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Im Rest der Republik ist das Tankstellennetz bislang eher löchrig. Die Dauer der Betankung ist mit denen für Dieselfahrzeuge vergleichbar. Für den Tankvorgang selbst benötigt es allerdings aufgrund des tiefkalten LNG eine entsprechende Schulung sowie Schutzausrüstung.

Wie es mit LNG weitergeht

Bis 2025 sollen sich in Deutschland 25.000 LNG-Lkw im Einsatz befinden sowie 200 LNG-Tankstellen betriebsbereit sein. Dies empfahl die Deutsche Energie-Agentur dena dem Bundesverkehrsministerium 2018. Ziel ist es, im Straßenverkehr die Marktentwicklung von LNG zu beschleunigen. Doch der Bund fördert die Anschaffung solcher Fahrzeuge nicht mehr. Maßnahmen wie die Mautbefreiung bis 2023 und Steuervergünstigungen können die Verbreitung jedoch noch immer fördern und LNG-Lkw in den kommenden Jahren attraktiver machen. Aufgrund der großen Reichweite und deutlicher Vorteile für das Klima ist Liquefied Natural Gas die bislang attraktivste Alternative für die Logistikbranche.