
Auf der „letzten Meile“ sind Lastenräder eine emissionsfreie Alternative. Bildquelle: RLVD
Gütertransporte, Paketzustellungen, Müllentsorgung und nicht zuletzt private Einkaufsfahrten: Der Wirtschaftsverkehr ist für 15 bis 25 Prozent des städtischen Verkehrsaufkommens und für 25 bis 35 Prozent der Treibhausgas-Emissionen des urbanen Verkehrs verantwortlich. Die EU will den Güterverkehr in den Städten bis 2030 emissionsfrei machen. Der Fokus liegt dabei auf der „letzten Meile“. Die kurzen Strecken bis zum Empfänger können umweltfreundlicher von Lastenfahrrädern oder kleinen, elektrisch betriebenen Transportfahrzeugen zurückgelegt werden.
Alternative Logistikkonzepte für die Stadt
Eine Lösung könnte die Aufteilung des Güterverkehrs sein. Lkw könnten ihre Güter an peripheren City-Hubs abladen, wo sie von den Kunden abgeholt oder von weiteren Dienstleistern zugestellt werden. Koordiniert wird das System über digitale Plattformen. In Österreich setzt das Pilotprojekt „Hubert Stadtlogistik“ Zeichen: Hubert ist ein städtisches Verteilzentrum in einer Lagerhalle am Alberner Donauhafen in Wien. Geschäfte, Betriebe oder Büros in Wien können bestellte Waren gebündelt zu einem vereinbarten Termin zustellen lassen und müssen nicht auf Lieferanten warten. Dabei gibt der Kunde bei Bestellungen nicht seine Geschäftsadresse, sondern jene von Hubert als Lieferadresse an. Im Hafen werden die Pakete gesammelt, im IT-System erfasst und zwei Mal pro Woche mit einem Elektrofahrzeug ausgeliefert. Auch Verpackungsmaterial wird zurückgenommen. So werden unnötige Fahrten vermieden und der Stadtverkehr entlastet.
Thinkport Vienna
Das Mobilitätslabor des Hafen Wien entwickelt in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur weitere Projekte für eine grünere Logistik. So soll RemiHub bestehende Flächen des öffentlichen Verkehrs als temporäre Logistik-Hubs mitnutzen, etwa die Remisen der Straßenbahn. Das Projekt MiHu beschäftigt sich mit der Aufgabe, wie mittelgroße Verteilzentren (Midi-Hubs) von mehreren Paket-Dienstleistern gemeinsam genutzt werden können. Beim Projekt „Schnurr“ wiederum geht es um ein mobiles System, das den Zustellern freie Lieferzonen in der Stadt anzeigen kann. An der City-Logistik forschen auch das Austrian Institute of Technology (AIT) und weitere 15 Unternehmen. Diese haben im Projekt „Emilia“ eine eigene Routing-Software und ein besonders leichtes, flexibles Elektro-Lastenrad entwickelt. Die Österreichische Post hat den Hub-Gedanken auch aufgenommen und akzeptiert mit ihrem Service „AllesPost“ auch Pakete anderer Zusteller. Die Kunden können damit alle ihre Pakete in einer Postfiliale nach Wahl bzw. in SB-Zonen rund um die Uhr abholen.
DPD mit „grüner“ Paketzustellung

Das dpd Lastenrad kommt in Wien zum Einsatz. Bildquelle: dpd.at
Ein aktuelles Pilotprojekt betreibt DPD gemeinsam mit den Wiener Linien (öffentliche Verkehrsbetriebe). Bei dem RemiHub ähnlichen Projekt nutzt DPD tagsüber die Flächen von Remisen, da die Straßenbahnen diese nur in der Nacht benötigen. DPD Austria sieht darin großes Potenzial für die CO2-neutrale Paketzustellung in Städten. Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb sei aber, dass die Städte preisgünstige Standorte zur Verfügung stellen. DPD unterhält auch eine Partnerschaft mit dem Telekomanbieter A1 und der Salzburg AG zur gemeinsamen Zustellung in einer Paketbox für verschiedene Zusteller. Im Vergleich mit anderen EU-Ländern bevorzugen die Österreicher die Zustellung an die Haustüre, Paketshops sind weniger akzeptiert. Trotzdem will DPD die derzeit rund 1500 Shops in Österreich auf 1800 erweitern.
Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs
Aktuell sind Lkw für mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs verantwortlich. Bereits 2030 wird aber jede sechste Lkw-Fahrt elektrisch erfolgen. Das erwartet eine Studie des Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Das größte Potenzial dabei sieht die Studie im urbanen Gütertransport, also auf der „letzten Meile“. Daher wird empfohlen, in den Ballungsräumen mit der Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs zu beginnen. Basis für die Prognose sind die veröffentlichten Pläne der Lkw-Hersteller. Dabei ist in der EU 2030 mit 191.000 E-Lkw zu rechnen, davon 3500 in Österreich. Wesentlich für die Energiewende im Lkw-Verkehr sind – neben dem Ausbau der E-Ladeinfrastruktur – auch eine CO2-Abgabe und die Abschaffung des Dieselprivilegs. Denn auch 2019 hat Österreich die EU-Klimaschutzziele klar verfehlt. Es besteht also höchster Handlungsbedarf.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.