Kilometerlange Kolonnen, massive Lärm- und Abgasbelastungen, Billigtanktourismus, und kein Ende in Sicht: Was sich entlang der Brenner-Route durch Österreich abspielt, ist größtenteils nicht mehr zumutbar. Neben den steigenden Umweltbelastungen ist auch die Versorgungs- und Verkehrssicherheit in Tirol massiv beeinträchtigt. Die Politik diskutiert bereits seit längerem verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, die aber oft nur die Symptome bekämpfen können. Das Nadelöhr am Brennerpass ist und bleibt eines der zentralen Verkehrsprobleme im Alpenraum.
Billigdiesel heizt Transit an
Insbesondere der billige Diesel in Österreich hat dazu geführt, dass immer mehr Lkw die Brennerroute befahren, während der Schwerverkehr Richtung Süden über die Schweiz deutlich abgenommen hat. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hat zu Jahresende 2018 erhoben, dass auf der Autobahn über den Brenner dreimal so viele Lkw fahren, wie auf allen Schweizer Alpenrouten zusammen. Mehr als 2,5 Millionen Lastwagen überquerten 2018 den Brenner. Das waren im Jahresvergleich um rund 180.000 mehr als 2017. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass in der Schweiz Diesel gleich hoch besteuert wird wie Eurosuper. Außerdem werden die Lkw-Maut und die externen Kosten eingerechnet. Dazu kommen eine wesentlich schärfere Kontrolle der Tempolimits und der arbeits- und sozialrechtlichen Auflagen. In Österreich wird hingegen grundsätzlich schneller gefahren, um Zeit und damit auch Geld einzusparen.

Brenner-Basistunnel: Hauptröhre mit Spritzbeton gesichert (Quelle: Brennerbasistunnel SE, www.BT-SE.com)
Kampf um Lösungen
Insbesondere der jährlich zunehmende Schwerverkehr setzt dem Land Tirol und seiner Bevölkerung zu. Um die ansteigende Lkw-Flut eindämmen zu können, fordert die Politik rasche Maßnahmen. Ein Lösungsansatz ist die Aufhebung des Dieselprivilegs – am besten in Verbindung mit einer aufkommensneutralen CO2-Steuer. Damit könnte man die Unternehmer und Pendler entlasten. Gleichzeitig würde der Transit für Lkw über den Brenner teurer und damit unattraktiver werden, mit der Folge, dass auch die Routen über die Schweiz wieder öfter genutzt werden. Die geplanten Verkehrsbeschränkungen sollten auch für Klein-Lkw unter 3,5 Tonnen gelten, die vermehrt als Alternative zu großen Fahrzeugen eingesetzt werden. Zusätzlich braucht es so schnell wie möglich in Deutschland und Italien neue Zulaufstrecken zum Brenner-Basistunnel.

Bundesautobahn in Österreich (Quelle: ASFINAG)
Von der Straße auf die Schiene
Eine weitere Lösung wäre, den Schwerverkehr verstärkt von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Dazu müsste die Alternative aber wesentlich attraktiver als bisher werden. Das wäre dann gegeben, wenn die Bahn zumindest 300 Kilometer in einem Stück übernehmen könnte. Die Schiene kann damit erst nach der Fertigstellung des Brennerbasistunnels mittelfristig zu einer geeigneten Transportalternative werden. Außerdem müssten Deutschland und Italien den Ausbau der Schienenzuläufe zum Brennerbasistunnel massiv forcieren.
Kurzfristige Fahrverbote als Soforthilfe
Bis eine Gesamtlösung gefunden und umgesetzt ist, behilft man sich mit Sofortmaßnahmen. So gilt bis Mitte September 2019 auf dem niederschwelligen Tiroler Straßennetz im Großraum Innsbruck, in Kufstein und in Reutte ein Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge – ausgenommen Ziel-, Quell- und Anrainerverkehr. Durch diese Maßnahme sollen Verkehrsbehinderungen und Staus durch den Transitausweichverkehr bekämpft werden. Die Maßnahmen zeigen Erfolg: Seit Inkrafttreten des Fahrverbots sind die Behinderungen auf Gemeindestraßen und Kolonnen an Ortsdurchfahrten stark zurückgegangen. Trotzdem arbeiten Österreich, Deutschland, Italien und die Schweiz weiterhin an einer länderübergreifenden Lösung. Druck kommt dabei verstärkt von Initiativen wie dem Transitform Austria-Tirol, das seit 25 Jahren gegen Lärm und Umweltverschmutzung durch den Transitverkehr kämpft.
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