Rund ein Viertel des weltweiten CO2-Ausstoßes lässt sich auf den Transportsektor zurückführen, 72 Prozent davon gar explizit auf den Straßenverkehr. Diese Zahlen gehen aus einer 2021 vom Statista Research Departement veröffentlichten Studie hervor. Autos, LKW und Busse tragen also maßgeblich zu hohen CO2-Emissionen bei. Um das Verkehrssystem nachhaltiger und klimaschonender zu gestalten, besteht nicht zuletzt in diesem Bereich also dringender Handlungsbedarf.
Ein zentraler Baustein zur Erreichung dieses Ziels ist die Elektromobilität. Denn wie mit der Verkehrswende angestrebt, soll diese langfristig idealerweise vollständig auf erneuerbaren Energiequellen beruhen. Als große Herausforderungen gelten jedoch zu kurze Reichweiten, kaum Lademöglichkeiten, zu lange Ladezeiten und somit zu wenig Flexibilität im Alltag. Diese lassen den Markt unattraktiv wirken. Doch ist er das wirklich? Wo und wie kann ich meinen privaten PKW laden? Welche Zukunftsprojekte für einen grüneren Verkehr werden bereits erprobt? Und wie verhält es sich mit dem Güterverkehr? Diesen Fragen gehen wir im Folgenden nach.
Zahlen am Ende des Tarif-Dschungels

Ladesäule der Firma Jelbi (Bildquelle: Valentin Pauli)
In Berlin beispielsweise müssen sich zumindest Fahrer von privaten Elektro-PKW keine Sorgen mehr machen. Keine andere Stadt in Deutschland bietet so viele öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektroautos. Anfang des Jahres waren es rund 1700. Und jeden Tag kommen neue hinzu. Das Ladesäulennetz wird dichter. Es herrschen Vielfalt und Wettbewerb, aber auch Unübersichtlichkeit. Wer den Durchblick haben möchte, schlägt sich durch stundenlange Internetrecherche und kann sich am Ende dennoch nicht sicher sein, das beste Angebot für sich gefunden zu haben. Zu viele Apps und zu viele unterschiedliche Preise gibt es. Und das teilweise für ein und dieselbe Ladestation. Hat man sich entschieden, wird es allerdings leichter: App runterladen, Konto erstellen, Bezahlinformationen hinterlegen und Ladekarte bestellen. Mit dieser schaltet man dann die Ladesäule frei.
Was der Spaß kosten soll
Die Kosten des Ladevorgangs richten sich nach verschiedenen Faktoren. Als Beispiel soll der Renault Zoe mit einem Verbrauch von 20,3 kWh pro 100 Kilometer dienen. Lädt man diesen Zuhause bei einem durchschnittlichen Hausstrompreis von 30 Cent pro kWh, bezahlt man für 100 Kilometer Reichweite 6,09 Euro. Voll geladen ist der Zoe dann in sechs bis acht Stunden. Zum Vergleich ziehen wir den mit einem Verbrennungsmotor ausgestatteten Renault Clio TCe 90 Intens mit 91 PS heran. Dieser kostet bei einem Benzinpreis von momentan durchschnittlich 1,70€ pro Liter und einem Durchschnittsverbrauch von 6,3 Litern ganze 10,71 Euro auf 100 Kilometer. Diesen hat man jedoch in wenigen Minuten vollgetankt.

Ladesäule der Firma Allego (Bildquelle: Bruno Lukas)
Unterwegs richten sich die Preise nach den jeweiligen Anbietern und Arten der Ladesäulen. Von 39 Cent bis 89 Cent (pro kWh) ist alles dabei. Auch die Ladezeit ist mit einer Spanne von fünf Minuten bis hin zu acht Stunden groß. Faktoren dafür sind Batteriekapazität und Ladeleistung des Autos sowie Temperatur der Batterie. Diese sollte bestenfalls zwischen 20 und 40 Grad Celsius betragen. Zusätzlich spielt die Ladetechnologie eine wesentliche Rolle. So laden Autos an Schnellladestationen mit einer Ladeleistung ab 50kW deutlich schneller als an Normalladestationen mit einer Ladeleistung bis maximal 22kW. Festhalten lässt sich: Je höher die Ladeleistung, desto höher der Preis, desto niedriger die Dauer des Ladevorgangs.
Warum Berliner Busse ihren Saft bald aus Laternen beziehen könnten
Obwohl Berlin das Ladesäulennetz bereits stark aufgerüstet hat, laufen in der Stadt noch weitere Projekte zum Voranbringen des Marktes. Denn neben dem privaten PKW-Verkehr sind es nicht zuletzt auch der ÖPNV und gewerbliche Güterkraftverkehr, auf die sich die Elektromobilität verstärkt konzentrieren muss. Das liegt allein schon an der Größe sowie der ständigen Nutzung der Fahrzeuge.
Für das „Sofortprogramm Saubere Luft“ beispielsweise hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die 90 Kommunen mit den schlechtesten Stickstoffdioxidwerten dazu aufgerufen, Projekte zum Erstarken der Elektromobilität zu entwickeln. Eines dieser in Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Forschung angestoßenen Projekte trägt den Namen „Neue Berliner Luft“. Dieses will 1000 Laternen in Marzahn-Hellersdorf und Steglitz-Zehlendorf zu Ladestationen umrüsten. Ziel des Programms ist es, für bessere Luft in Städten zu sorgen. Zusätzlich soll untersucht werden, ob Attraktivität und Akzeptanz mit einfach zugänglichen Lademöglichkeiten steigen.

E-Bus der Berliner Verkehrsbetriebe im Einsatz (Bildquelle: BVG, Andreas Süß)
Neben den Berliner Laternen soll zudem die größte Bus-Flotte Deutschlands umgerüstet werden. Bis 2030 sollen alle Busse der Berliner Verkehrsbetriebe elektrisch angetrieben sein. Die rund eine Million Menschen, die jeden Werktag in den rund 1500 Fahrzeugen an die mehr als 6500 Berliner Haltestellen gebracht werden, sollen zukünftig also vollständig klimafreundlich befördert werden können. Waren es Mitte des Jahres noch rund 140 Fahrzeuge, sollen bis Ende 2021 bereits 250 elektrische Busse, die an den Endhaltestellen geladen werden, in Betrieb genommen worden sein. Das Ziel ist es, den Lärm in der Stadt zu reduzieren und die Luft sauberer zu machen. Bereits im ersten Jahr konnten durch die Busse, die mit 100 Prozent sauberem Ökostrom aus Wind und Sonne unterwegs sind, rund 1000 Tonnen CO2 und 3000 Tonnen giftiger Stickoxide eingespart werden.
Über den E-Highway zur Batteriewechselstation

Scania-Zugmaschine als Diesel-Elektro-Hybri, E-Antrieb mit Oberleitung (Bildquelle: Bruno Lukas)
Auch im LKW-Verkehr, für den der Umstieg auf Elektromobilität eine große Herausforderung darstellt, gibt es spannende Projekte. Eines davon sind die sogenannten E-Highways. Das sind Autobahn-Teilstücke, welche über der rechten Spur, ähnlich zum Schienenverkehr, mit einem Oberleitungsstromnetz ausgestattet sind. Fährt ein speziell ausgerüsteter LKW unter diesen Oberleitungen, fahren sich die Stromabnehmer automatisch aus. Am Ende des E-Highways angekommen, klappen sich diese wieder ein und das Fahrzeug rollt im Akku- oder Dieselbetrieb weiter. Auf bundesweit drei Teststrecken wird derzeit bis 2022 getestet, welche Vorteile eine elektrische Autobahn hat, welche Probleme dabei auftreten und wie hoch der Beitrag zu einer saubereren Luft ist.
Ein anderes Projekt, das testen soll, wie sich der Güterverkehr auf der Straße emissionsärmer gestalten lässt, ist „RouteCharge“, welche die Strukturen für ein Akku-Wechselsystem für LKW geschaffen hat. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von der Osnabrücker Spedition Meyer & Meyer in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik, der TU Berlin und weiteren Partnern. Getestet wird auf einer etwa 250 Kilometer langen Strecke zwischen Berlin und Peine. Jeweils an Anfang, Mitte und Ende der Strecke gibt es eine Wechselstation. Dort werden die zwei Tonnen schweren Akkublöcke innerhalb einer viertel Stunde ausgetauscht. Ziel des Ganzen ist es herauszufinden, ob E-LKW auf mittleren Distanzen an die Flexibilität gewöhnlicher Diesel-LKW heranreichen können.
Aus Fiktion wird Realität
Die Möglichkeiten, die diese Antriebsart bietet, sind groß. Ideen zur Nutzung gibt es viele. Das weckt hohe Erwartungen an die Zukunft der Elektromobilität und lässt gespannt auf neue Projekte zur Austestung blicken. Erste Projekte zur Elektromobilität im Busverkehr und im Gütertransport scheinen vielversprechend. Doch vor allem in puncto Durchblick bei der Tarifwahl ist noch ordentlich Luft nach oben. Einmal den Tarif-Dschungel durchquert, weiß man allerdings, worauf man achten muss und vor allem, dass große Strecken mit einem Elektro-PKW kein Problem mehr sind. Deutschland ist mit dem Ladesäulennetz mittlerweile auf einem guten Weg. Auch deshalb, weil Elektrofahrzeuge im Hier und Jetzt angekommen sind.
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