
Scania-Zugmaschine als Diesel-Elektro-Hybrid, E-Antrieb mit Oberleitung (Bildquelle: Bruno Lukas)
Der Verkehrssektor hat noch enorme Potenziale zur Reduktion von Treibhausgasen. Schließlich gehören Pkw und Lkw auch zu den größten Emittenten von CO2, Stickstoff und Feinstaub. Noch! Denn erstens wurde der Handlungsbedarf seitens Wirtschaft und Politik endlich erkannt. Zweitens gibt es zahlreiche vielversprechende Ansätze für „grüne“ Logistik- und Nutzfahrzeug-Konzepte – vom Verteiler- bis zum Fernverkehr. Momentan steht der Elektro-Antrieb im Fokus. Dieser wird auf absehbare Zeit nur im Verteilerverkehr auf der letzten Meile wirtschaftlich darstellbar sein. Für den Fernverkehr sind LNG- und CNG-Gasantriebe eine wichtige Brückentechnologie. Die langfristig aussichtsreichste Lösung für schwere Lkw im Fernverkehr ist meiner Meinung nach ganz klar der Wasserstoffantrieb. Vorausgesetzt, dass die Energie für die Wasserstoffgewinnung aus erneuerbaren Energiequellen stammt, ist die H2-Technologie die sauberste Lösung. Ich finde die Idee faszinierend, dass schwere Lkw in Zukunft nur noch Wasserdampf ausstoßen und somit leise und vollkommen emissionsfrei unterwegs sind. Das wäre in der Tat eine echte Verkehrswende!
Wasserstoffstrategie der Bundesregierung
Die Herausforderung besteht nun darin, alternative Fahrzeugkonzepte mit weitsichtigen verkehrspolitischen Maßnahmen so zu fördern, dass die Verkehrswende möglich wird, zu bezahlbaren Konditionen für alle. Dies hat die deutsche Regierung auch begriffen. Sie scheint aus den Fehlern einer sehr halbherzigen Umsetzung der E-Mobilitäts-Förderung gelernt zu haben. Denn gleich vier Ministerien haben sich im November getroffen, und eine nationale Wasserstoff-Strategie beschlossen. Diese will die Bundesregierung bis Ende des Jahres in einem Aktionsplan verabschieden. Dabei soll es nicht nur um die finanzielle Förderung von Nutzfahrzeugen und Pkw gehen, sondern auch um die flächendeckende Etablierung eines H2-Tankstellennetzes.
Technologie ist vorhanden – Beispiel Transport-CH
Dass es mittlerweile praxistaugliche Elektro-Nutzfahrzeuge und erste serienreife Wasserstoff-Lkw gibt, zeigen die Fahrzeugmessen in aller Regelmäßigkeit. In der vergangenen Woche konnte ich mir auf dem Schweizer Nutzfahrzeug-Salon „Transport-CH“ in Bern ein aktuelles Bild zum Stand der Technik machen. Aufsehen erregt hat hier die Meldung, dass Hyundai in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Wasserstoff-Spezialisten H2 Energy bis 2025 in der Schweiz rund 1.500 schwere Wasserstoff-Lkw auf den Markt bringen will. Bemerkenswert ist, dass die Energie für die Kraftstoffgewinnung bei diesem Projekt von vornherein aus Wasserkraft kommen soll – und damit ausschließlich aus einer erneuerbaren Energiequelle. In der Schweiz steht die Einführung von Wasserstoff-Lkw damit unter einem guten Stern. Hierzu tragen auch die geringen Distanzen bei und nicht zuletzt die Befreiung von Elektro- und Wasserstoff-Lkw von der LSVA, der nationalen Schwerverkehrsabgabe.
Fernverkehr: Gas- und E-Lkw, Wasserstoff im Kommen
Abgesehen von diesem Highlight präsentierten die Hersteller eine breite Palette an Transportern und Lkw mit alternativen Antrieben. Scania etwa stellte mit LNG- und CNG-Fahrzeugen, und Elektro-/Diesel-Hybridantrieben (unter anderem mit Oberleitung) das breiteste Spektrum vor. Zudem erfuhr ich in einem Gespräch auf dem Messestand, dass auch ein schwerer Wasserstoff-Lkw in Vorbereitung ist. MAN schreitet mit den Elektro-Transportern und den schweren Lkw der TGE-Reihe ebenfalls voran. Ebenso Daimler mit dem eActros, der derzeit bei ersten Kunden in der Pilotphase im Einsatz ist.
Verteilerfahrzeuge: Elektro mit H2 als Range Extender

Klein, kompakt und leistungsstark: Blick unter die Motorhaube eines MAN E-Transportes mit vollelektrischem Antrieb (Bildquelle: Bruno Lukas)
Im kleinen Verteilerverkehr ist insbesondere Renault mit den Elektro-Transportern der Z.E. Reihe (Kangoo und Master) auf dem Vormarsch. Der französische Hersteller stellte kürzlich einen 3,5 Tonnen Elektro-Transporter vor, der zusätzlich über eine Brennstoffzelle verfügt und damit den Wasserstoff-Antrieb als Range Extender an Bord hat. Natürlich ist ein solches Fahrzeug nur mit einem erheblichen Aufpreis zu haben. Doch genau hier könnte und sollte die staatliche Förderung ansetzen, um E- und H2-Fahrzeuge wettbewerbsfähig zu machen.
Beispiel Kühlfahrzeuge: alternative Antriebe auch hier umsetzbar

Renault Master Z.E. als Kühlfahrzeug mit E-200 Kühlmaschine von Thermo King (Bildquelle: Bruno Lukas)
Interessant ist auch die Kooperation von Fahrzeugherstellern mit Ausbau-Spezialisten, zum Beispiel im Kühlfahrzeugbereich. Die Auslieferung von temperatursensiblen Lebensmitteln und Medikamenten mit temperierten Fahrzeugen ist energieintensiv. Deshalb sind hier nachhaltige Lösungen gefragt. Ein Lösungsansatz ist der Elektro-Transporter Renault Master Z.E. in Kombination mit der neuen Kühlmaschine E-200 von Thermo King, die speziell für Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb konzipiert wurde. Umgesetzt wird diese Technologie von der Fröhlich Kühlfahrzeuge GmbH, einer Tochterfirma des Schweizer Thermo King-Spezialisten Fröhlich Transklima. Der Dienstleister aus Zürich präsentierte mit der e-450 zudem eine Eigenentwicklung: ein Kühlfahrzeug auf Mercedes Sprinter-Basis mit einer selbst entwickelten Elektro-Kühlanlage. Dank zusätzlicher Lithium-Ionen Batterie-Packs funktioniert diese unabhängig vom Fahrzeugmotor.
E-Lastenräder für die letzte Meile

Schweizer Hersteller Kyburz: E-Lastenräder für die Schweizer Post (Bildquelle: Bruno Lukas)
Die letzte Meile wird abgerundet von Elektro-Lastenrädern, wie sie zum Beispiel ONO Motion aus Berlin anbietet oder – auch auf der Messe in Bern gesehen – Hersteller wie Kyburz, mit namhaften Anwendern wie die Schweizer Post. Gerade in Großstädten entwickeln sich die leisen, lokal emissionsfreien Cargobikes zur echten Alternative zu Diesel-Transportern.
Fazit: Technologie vorhanden, Förderung stark ausbaufähig
Die Technologie ist vorhanden, industriell skalierbar und praxistauglich – und zwar entlang der gesamten Lieferkette. Was nun in Deutschland und europaweit kommen muss, ist die gezielte und noch intensivere staatliche Förderung von alternativen Antrieben – am besten in Verbindung mit erneuerbaren Energiequellen. Und dies sollte ganzheitlich erfolgen, vom Fahrzeug über das Tankstellennetz bis hin zu Konzepten für eine „grüne Logistik“ entlang der gesamten Supply Chain.
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